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Atopisches Ekzem (Neurodermitis)

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Redaktion

  • almeda GmbH

Ein atopisches Ekzem, auch Neurodermitis oder atopische Dermatitis genannt, ist eine chronisch entzündliche Hauterkrankung, die schubweise verläuft. Typisch ist eine sehr trockene, juckende Haut, die zu Ekzemen neigt. Die Veranlagung dazu ist angeboren. Umwelteinflüsse, Allergien und Stress tragen jedoch dazu bei, dass die Krankheit ausbricht, beziehungsweise, dass es zu neuen Krankheitsschüben kommt.

Das atopische Ekzem ist eine chronische Hauterkrankung, die schubweise verläuft. Aufgrund einer veranlagungsbedingten Störung der Barrierefunktion ist die Haut extrem trocken, juckt und schuppt. Zusätzlich entstehen Entzündungsreaktionen, sodass die Haut aufspringt und nässt. Ein atopisches Ekzem ist nicht ansteckend. Weil aber die Hautfunktion gestört ist, können sich leicht Bakterien und Viren ansiedeln und die Entzündungen verstärken.

Die Hauterscheinungen treten meist schon in der frühen Kindheit auf. Bei einem großen Teil der Kinder verschwinden die Symptome jedoch bis zur Pubertät.

Das Krankheitsbild der Neurodermitis ist von Patient zu Patient sehr unterschiedlich und auch unterschiedlich stark ausgeprägt. Die meisten Patienten leiden unter einer leichteren Form. Abhängig von der Ausdehnung und Art der betroffenen Hautpartien kann ein atopisches Ekzem aber einen schweren Verlauf nehmen, der die Lebensqualität erheblich beeinträchtigt.

Das atopische Ekzem gehört zusammen mit der allergischen Rhinitis (wie Heuschnupfen) und dem allergischen Asthma zum sogenannten atopischen Formenkreis. Unter Atopie versteht man die angeborene Neigung, eine oder mehrere dieser Erkrankungen zu bekommen. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass jeder Atopiker auch wirklich eine der drei Krankheiten entwickelt: lediglich die Veranlagung dazu besteht.

Kinder, deren Eltern an einer Neurodermitis oder an Asthma oder Heuschnupfen leiden, erkranken deutlich häufiger. Sind beide Elternteile von einer solchen Erkrankung betroffen, ist die Wahrscheinlichkeit sogar sehr groß, dass ein Kind eine entsprechende Krankheit entwickelt.

Viele Menschen mit Neurodermitis leiden zusätzlich an Allergien, die Ekzemschübe provozieren können. Allergene können bestimmte Blütenpollen, Tierhaare, Nahrungsmittel oder Hausstaubmilbenkot sein. Aber auch kratzige Wolle oder Schweiß auf der Haut können zu einem Schub beitragen.

Seelische Belastungen wie Stress und Kummer sind ebenfalls Auslöser für die Hauterscheinungen. Das führt schnell in ein Wechselspiel von Ekzemen und Stress, die sich gegenseitig immer weiter hochschaukeln.

Das Krankheitsbild des atopischen Ekzems ist von Patient zu Patient sehr unterschiedlich und hängt zudem vom Alter der Betroffenen ab. Leitsymptome sind die sehr trockene Haut und der starke Juckreiz, oft an typischen Körperstellen.

Sehr leichte Formen eines atopischen Ekzems sind unauffällig. Typisch sind rissig entzündete Lippen, rissige Mundwinkel und Ohrläppchen, ekzembefallene Hinterkopfregionen sowie schuppende Rötungen und Einrisse im Bereich der Finger- und Zehenkuppen.

Bei ausgeprägteren Erscheinungsformen sind die betroffenen Körperregionen abhängig vom Lebensalter (siehe unten). Die wiederholte oder dauerhafte Entzündung der Haut, der Juckreiz und das Kratzen führen zu einer Verdickung und damit zu einem typisch veränderten Aussehen der Haut. Das fällt besonders im Gesicht auf.

Das quälende Jucken führt dazu, dass sich Betroffene mitunter blutig kratzen. Im Anschluss ist der Juckreiz noch stärker. Auf der geschädigten Haut können sich Viren und Bakterien besonders gut ansiedeln. Hautinfektionen verschiedenster Art treten darum bei Menschen mit atopischem Ekzem häufig auf.

Der Juckreiz raubt zudem vielen Betroffenen die Nachtruhe. Schlafstörungen führen zu Konzentrationsproblemen und Reizbarkeit. Bei Kindern ist in der Regel auch der Rest der Familie von der nächtlichen Ruhestörung und ihren Begleiterscheinungen betroffen.

Hinzu kommt für die Patienten die seelische Belastung durch die Hauterscheinungen und ihre Symptome.

Einen einfachen Test, der ein atopisches Ekzem eindeutig identifiziert, gibt es nicht. Entscheidend für die Diagnose ist das Gesamtbild der Hauterscheinungen. Zudem fragt der Arzt die persönliche und die familiäre Krankheitsgeschichte ab.

Viele Menschen mit atopischem Ekzem leiden unter Allergien, die die Schübe provozieren können. Daher ist es wichtig zu testen, ob der Patient auf einige oder mehrere Allergene reagiert.

Für den sogenannten Pricktest werden Tröpfchen von gelösten potenziellen Allergenen auf den Unterarm des Patienten geträufelt. Mit einer feinen Lanzette ritzt der Arzt die Haut an dieser Stelle leicht an. Reagiert der Patient allergisch, bilden sich Quaddeln und Juckreiz setzt ein. Häufig sind Allergien gegen bestimmte Nahrungsmittel, Pollen von Bäumen und Gräsern oder Hausstaubmilben.

Auch ein Bluttest kann helfen, möglichen Allergien auf die Spur zu kommen. In dem Fall sind spezielle Eiweiße, die Immunglobuline E (IgE), im Blut stark erhöht. Diese werden mittels RAST (Radio-Allergo-Sorbens-Test) bestimmt. Der RAST zeigt, ob eine allergische Reaktion vorliegt und wenn ja, wie stark sie ist. Eine Blutuntersuchung allein erlaubt jedoch keine eindeutige Diagnose.

Wichtigste Aufgabe der Therapie ist es, die gestörte Barrierefunktion der Haut zu verbessern beziehungsweise wieder herzustellen. Dies gelingt vor allem durch eine konsequente Basistherapie. Die Basistherapie beim atopischem Ekzem ist neben der Vermeidung bekannter Auslöser (Allergene, Stresssituationen) eine konsequente Hautpflege: Salben mit ihrem hohen Fettgehalt eignen sich für trockene, Cremes und Lotionen mit ihrem höheren Wassergehalt für weniger trockene und nässende Hautstellen. Hilfreich sind oft Zusätze wie Harnstoff (Urea; verbessert die Wasserbindung in der Haut), Ceramide (schützende Fette) oder Pflanzenöle wie Nachtkerzensamenöl. Wichtig ist auch eine konsequente Hautreinigung.

Während eines Schubs helfen vor allem wirkstoffhaltige Cremes, hinzu kommen weitere Behandlungsmöglichkeiten:

  • Glukokortikoide (Kortison): Kortisonhaltige Cremes wirken antientzündlich und dämpfen die überschießende Immunreaktion im Körper. Sie können abhängig vom Schweregrad dosiert werden, sollten wegen möglicher Nebenwirkungen aber nicht dauerhaft angewendet werden.
  • Topische Calcineurinhemmer (kortisonfrei): Cremes mit den Wirkstoffen Tacrolimus und Pimecrolimus hemmen die Produktion von Botenstoffen, die die Immunabwehr anregen. Sie sind besonders geeignet, wenn Glukokortikoide nicht ausreichend wirksam sind oder die Ekzeme an Hals und Gesicht auftreten. Im Unterschied zu Glukokortikoiden machen sie die Haut mit der Zeit nicht dünner, also kann man sie auch eine längere Zeit anwenden.
  • UV-Lichttherapie: Auch eine Lichttherapie mit UVA- oder UVB-Strahlen, etwa zwei- bis dreimal pro Woche durchgeführt, kann die entzündlichen Beschwerden beim atopischem Ekzem deutlich reduzieren.
  • Systemische Therapie: Bei ausgeprägten Erscheinungsformen, die mit äußerlicher Therapie nicht zufriedenstellend behandelbar sind, kommt nach sorgfältiger Prüfung auch eine innerliche Therapie mit verschiedenen immunhemmenden Medikamenten in Frage. Diese Therapie muss im Einzelfall verordnet und engmaschig vom behandelnden Arzt oder der behandelnden Ärztin begleitet werden.
  • Antihistaminika können die allergische Reaktion abschwächen. Sie hemmen den körpereigenen Botenstoff Histamin. Histamin führt unter anderem zu Juckreiz und anderen allergischen Symptomen.
  • Spezifische Immuntherapie (Hyposensibilisierung): Um die schubauslösenden Allergien in den Griff zu bekommen, ist mitunter eine spezifische Immuntherapie (Hyposensibilisierung) sinnvoll. Diese wird aber nicht zur Behandlung der Ekzeme, sondern zur Behandlung von Staub-, Pollen-, Insektengift- oder Tierhaarallergien eingesetzt.
  • Antibiotika/ Virustatika: Infiziert sich die Haut, kann der Arzt je nach Erreger Antibiotika oder virushemmende Medikamente (Virustatika) verordnen.
  • Stressabbau: Ergänzend hilft das Erlernen einer Entspannungstechnik (zum Beispiel Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, Autogenes Training). Damit können Betroffene Stress reduzieren, der den Zustand der Haut zusätzlich verschlechtert oder gar Schübe auslösen kann. Patienten, die durch die Hautkrankheit seelisch stark belastet sind, sollten sich psychotherapeutische Unterstützung suchen.  

Die ungeschützte Haut von Ekzempatienten bietet Keimen beste Bedingungen. Fast 90 von 100 Patienten sind von dem Bakterium Staphylococcus aureus besiedelt. Das geht nicht unbedingt mit entzündlichen Reaktionen einher, kann aber die Funktion der Haut zusätzlich stören. Auch andere bakterielle Infektionen und Pilzerkrankungen treten häufig auf. Ebenfalls leichtes Spiel haben Viren, die beispielsweise Herpesbläschen oder Warzen hervorrufen.

Eine wichtige Folgeerkrankung ist im psychischen Bereich angesiedelt. Die wiederholt auftretende oder fortbestehende Symptomatik mit Hautveränderungen, Juckreiz, Schlafstörungen kann zu psychosozialen Problemen bis hin zu Depressionen führen.

Die langfristige äußerliche Anwendung wirkstoffhaltiger Cremes oder die Einnahme systemischer Medikamente kann zu unerwünschten Nebenwirkungen und Folgeerkrankungen führen. Diese sind je nach Wirkstoff unterschiedlich und für jeden Einzelfall mit der Behandlerin oder dem Behandler zu besprechen.

Das atopische Ekzem verändert im Laufe des Lebens seine Erscheinung. Bei Säuglingen zeigt es sich zunächst in Form des sogenannten Milchschorfs auf der Kopfhaut. Später kommen juckende rote Ausschläge im Gesicht hinzu. Auch Hals, die Außenseite der Gliedmaßen und der Windelbereich sind häufig betroffen.

Kleinkinder leiden überwiegend unter Ekzemen in den Arm- und Kniebeugen sowie an den Hand- und Fußgelenken. Bei vielen Kindern treten die Ekzeme auch am Hals auf. Durch ständiges Kratzen der stark juckenden Ekzemherde kann sich die Haut verdicken.

Bis zum Schulalter bessert sich die Neurodermitis oftmals spontan, kann aber in jedem Alter wiederkehren. Bei Jugendlichen verläuft die Erkrankung meist milder als bei Kindern und ist durch trockene Haut und Ekzeme gekennzeichnet. Bei Erwachsenen entwickelt sich manchmal eine Sonderform der Neurodermitis: Sie geht mit stark juckenden Hautknoten am ganzen Körper einher (Prurigoform).

Textnachweis

  • Autor: almeda GmbH
  • Medizinische Qualitätssicherung: Dr. med. Claudia Link, Fachärztin für Dermatologie

Literatur

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