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Gelenkerguss: Beschwerden und Behandlung

Lesedauer unter 6 Minuten

Redaktion

  • almeda GmbH

Qualitätssicherung

  • PD Dr. Med. Stephan Lorenz (Facharzt für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin)
  • Dr. med. Andrea Reiter (Ärztin )

Was ist ein Gelenkerguss?

Ein Gelenkerguss ist eine vermehrte Ansammlung von Flüssigkeit im Innern eines Gelenks, die oft mit Schmerzen verbunden ist. Die Ursache können Verletzungen, Fehlbelastungen, Entzündungen sowie unterschiedlichste Erkrankungen sein.

Ein Gelenkerguss wird in der Medizin auch als "Hydrops articularis" oder "Hydarthrose" bezeichnet und tritt besonders häufig im Knie auf. Manchmal sind auch andere Gelenke befallen. Dabei sammelt sich vermehrt Flüssigkeit in der von der Gelenkkapsel umschlossenen Gelenkhöhle. Diese kann je nach Ursache eine unterschiedliche Zusammensetzung aufweisen.

Bei ausgeprägten oder lang anhaltenden Gelenkergüssen sollte ein Arzt/eine Ärztin aufgesucht werden, um die Ursache abklären und ggf. behandeln zu lassen. So können Folgeschäden nach Möglichkeit vermieden werden.

Wie kommt es zu einem Gelenkerguss?

Ein Erguss kann grundsätzlich bei jeder Gelenkveränderung auftreten, unabhängig davon, ob sie auf eine Verletzung, eine entzündliche Erkrankung oder auf Verschleißvorgänge zurückzuführen ist.

Er entsteht durch eine Reizung der Gelenkinnenhaut, der so genannten Synovialmembran, auf die der Körper mit vermehrter Produktion von Gelenkflüssigkeit (Synovia) reagiert.

Diese farblose bis strohgelbe, eiweißhaltige Flüssigkeit bildet auf den Gelenkflächen einen Gleitfilm, um dort Reibung zu vermindern, Stöße zu dämpfen und den Gelenkknorpel zu ernähren, welcher die Gelenkflächen überzieht.

Bei Gelenkveränderungen wird Gelenkflüssigkeit gebildet, um die Gleiteigenschaften zu verbessern und auf diese Weise das Gelenk zu schützen. Dadurch verändert sich jedoch auch die Zusammensetzung der Synovia. Die normalerweise zähe (visköse), klare Flüssigkeit wird wässrig, färbt sich durch Zellabrieb manchmal trübe oder – wenn zusätzlich Blutgefäße verletzt sind - durch Einblutung dunkel (Hämarthros).

Gelenkerguss: Verschiedene Arten

Seröser Erguss

Ein bierbrauner-klarer Erguss, der nur wenige Zellen (wie Leukozyten) und wenig Eiweiß enthält, kann etwa durch Knorpel- oder Meniskusschäden bedingt sein.

Ist der Erguss trüb mit viel zellulären Elementen und viel Eiweiß, können auch degenerative Gelenkveränderungen oder rheumatoide Erkrankungen dahinter stecken. Ist dem serösen Erguss wenig Blut beigemischt, kommt als Ursache z.B. eine leichte Gelenkprellung oder eine frische Patellaluxation (herausgesprungene Kniescheibe) in Frage.

Eitriger Erguss (Pyarthros)

Die häufigste Ursache ist eine bakterielle Gelenkentzündung (bakterielle Arthritis). Dabei unterscheidet man zwei Formen: Bei der sogenannten primären bakteriellen Arthritis gelangen die Erreger von außen direkt in das betroffene Gelenk, entweder über eine offene Verletzung oder durch medizinische Maßnahmen wie etwa einen Eingriff oder eine Spritze.

Bei der sekundären bakteriellen Arthritis wandert der Erreger über die Blutbahn ("hämatogen") in das Gelenk ein, während der eigentliche Infektionsherd an einer ganz anderen Stelle des Körpers liegt. Das kann etwa bei Tuberkulose, Mittelohr- oder Gehirnhautentzündung und eitrigen Zahnentzündungen passieren.

Bei der eitrigen Arthritis handelt es sich immer um einen medizinischen Notfall, der sofort behandelt werden muss. Nur so lässt sich einer dauerhaften Gelenkschädigung oder lebensgefährlichen Blutvergiftung (Sepsis) vorbeugen.

Blutiger Erguss (Hämarthros)

Ein blutiger Erguss ist in den meisten Fällen auf eine Verletzung der Kapsel, der Bänder, des Knochens oder auf eine Blutgerinnungsstörung zurückzuführen. Bei Gelenkknochenbrüchen (Gelenkfrakturen) tritt Fett aus dem aufgebrochenen Knochenmark: Auf dem blutigen Erguss schwimmen zusätzlich Fettaugen.

Darüber hinaus gibt es eine ganze Reihe von nicht unmittelbar mit Gelenken verbundenen Krankheiten, die mit einem Gelenkerguss einhergehen können. Dazu zählen beispielsweise Tumorleiden, Gicht sowie Blutgerinnungsstörungen wie die Bluterkrankheit (Hämophilie).

Ist ein Gelenkerguss gefährlich?

Am häufigsten macht sich ein Erguss durch Schmerzen, sicht- und tastbare Schwellungen sowie eine eingeschränkte Beweglichkeit des Gelenks bemerkbar. Aufgrund der Schwellung wirkt die Haut über dem Gelenk gespannt, oft sind dadurch auch dessen Konturen verändert. Ist das Kniegelenk betroffen, kommt es eventuell zum Phänomen der schwimmenden Kniescheibe (Patella), die auch als "tanzende Patella" bezeichnet wird.

Eventuell lässt sich auch eine Flüssigkeitsbewegung im Gelenk tasten. Auf eine akute Entzündung weisen insbesondere Überwärmung und Rötung des betroffenen Gelenks hin, die mit Unwohlsein, Fieber und Schüttelfrost einhergehen können.

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Welche Untersuchungen für einen Gelenkerguss gibt es?

Der Arzt/ die Ärztin (Hausarzt, Orthopäde, Unfallchirurg) wird zunächst durch eine Erhebung der Krankheitsgeschichte (Anamnese) die in Frage kommenden Ursachen für die Beschwerden eingrenzen.

Anschließend erfolgt eine gründliche Untersuchung des betroffenen Gelenks, bei der vor allem versucht wird, das Ausmaß des Ergusses zu ermitteln.
Je nach Fall erfolgt zusätzlich eine Punktion des Ergusses.

Bei diesem Eingriff wird die überschüssige Flüssigkeit mit Hilfe einer Kanüle abgezogen, um sie im Labor etwa auf Bakterien, Kristalle und Zellen untersuchen zu lassen. Eine Punktion stellt jedoch auch bereits eine Behandlung dar, da sie das betroffene Gelenk vom Druck entlastet.

Mit einer Blutuntersuchung kann der Arzt sich weitere Klarheit verschaffen. So lässt sich beispielsweise bei einem akuten Gichtanfall häufig eine erhöhte Harnsäurekonzentration im Blut nachweisen.

Bei Entzündungen können die weißen Blutkörperchen (Leukozyten) und weitere Entzündungsparameter wie z.B. das C-reaktive Protein (CRP) im Blut erhöht sein.

Insbesondere bei unklarer Ursache sind solche Untersuchungen wichtig, um eine bakterielle Arthritis ausschließen oder gegebenenfalls nachweisen und dann rasch behandeln zu können. So kann man gefährlichen Komplikationen vorbeugen.

Lässt sich durch die erwähnten Maßnahmen die Ursache des Ergusses nicht eindeutig ermitteln, können oft verschiedene bildgebende Verfahren wie Ultraschall, Magnetresonanztomografie (MRT), Computertomografie (CT), Röntgen oder eine Gelenkspiegelung (Arthroskopie) weiterhelfen.

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Gelenkerguss: So kann der Erguss behandelt werden

Welches die geeignetste Behandlung für den Gelenkerguss ist, hängt von seiner Ursache und den Beschwerden ab. In den meisten Fällen gelingt es durch eine Punktion, den Druck zu reduzieren und so die Schmerzen zu lindern. Häufig bildet sich der Erguss aber rasch wieder neu, so dass zeitgleich nach der Ursache geforscht werden muss. Eine mehrfache Punktion ist insbesondere wegen der erhöhten Infektionsgefahr zu vermeiden.

Der eitrige Gelenkerguss ist einer der wenigen orthopädischen Notfälle und verlangt eine sofortige chirurgische Behandlung. Es sollte umgehend eine offene oder arthroskopische Spülung des Gelenks durchgeführt und Drainagen eingebracht werden, über die die Gelenkflüssigkeit abgeleitet wird.

Eine anschließende Therapie mit Antibiotika wird meist im Rahmen einer stationären Behandlung vorgenommen. Die Spülung des Gelenks muss meistens mehrfach wiederholt werden, bis die jeweils gewonnenen Proben keinen Bakterienbefall mehr zeigen.

Bei Ergüssen aufgrund von degenerativen Veränderungen können schon Kühlung, Schonung, Ruhigstellung und eventuell Hochlagerung des betroffenen Gelenks ausreichen, um die Beschwerden zu bessern. Anschließend ist es wichtig, das geschonte Gelenk mit Hilfe von Bewegungsübungen schrittweise wieder zu mobilisieren.

Gegen Schmerzen werden schmerzlindernde und entzündungshemmende Mittel verordnet. Hierfür haben sich, sofern keine Kontraindikationen bestehen, nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Diclofenac bewährt.

Ob weitere therapeutische Maßnahmen notwendig sind, hängt von der dem Erguss zugrunde liegenden Erkrankung oder Verletzung ab.

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Gelenkerguss: Welche Folgeerkrankungen können auftreten?

Bei einer eitrigen Arthritis kann sich die Entzündung zunächst auf die Synovialis beschränken (eitriger Gelenkerguss). Die Krankheit kann aber auch auf alle Strukturen eines Gelenks übergreifen (Panarthritis). Innerhalb kurzer Zeit werden dann die Gelenkflächen zerstört und die Gelenkkapsel schrumpft – das Gelenk wird steif.

Der erhöhte Druck durch die vermehrte Flüssigkeitsansammlung bei einem Gelenkerguss führt zu einer schmerzhaften übermäßigen Dehnung der Gelenkkapsel, was die Gelenkstabilität beeinträchtigen und sogar eine Muskelschwäche an den beteiligten Muskeln herbeiführen kann.

Am Kniegelenk tritt bei degenerativen Ergüssen die Gelenkflüssigkeit häufig durch eine Muskellücke in den rückseitigen Anteil des Kniegelenks. Es kommt zu einer in Beugung häufig störenden Aussackung der Gelenkkapsel, der sogenannten Bakerzyste.

Literatur

  • Gert Krischak: Traumatologie für Physiotherapeuten. 2. Auflage, Georg Thieme Verlag, 2009
  • Zeidler, Zacher, Ziepe: Interdisziplinäre klinische Rheumatologie. Springer-Verlag Berlin Heidelberg, 2001
  • Niethard, Pfeil, Biberthaler: Duale Reihe Orthopädie und Unfallchirurgie. Georg Thieme Verlag, 2014
  • Aumüller G et al.  : Duale Reihe Anatomie, Georg Thieme Thieme Verlag, 2014
  • Siewert, J.R., Brauer, R.B.: Basiswissen Chirurgie, Springer Verlag, 2011
  • I care Krankheitslehre, Georg Thieme Thieme Verlag, 2015

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