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Meningitis

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  • almeda GmbH

Qualitätssicherung

  • Prof. Dr. med. Andreas Straube (Facharzt für Neurologie)

Eine Meningitis (Hirnhautentzündung) ist eine zumeist infektionsbedingte Entzündung der Hirn- und Rückenmarkhäute. Auslöser sind überwiegend Viren. Um den gefährlicheren bakteriellen Typus auszuschließen, ist bei Verdacht auf Meningitis umgehend eine ärztliche Untersuchung erforderlich.

Was ist eine Meningitis?

Die Meningitis oder Hirnhautentzündung ist eine zumeist akute Entzündung der das Gehirn und Rückenmark umgebenden Häute (Meningen). Weitet sich die Hirnhautentzündung auf das Gehirngewebe aus, spricht man von einer Meningoenzephalitis (Enzephalon = Gehirn). Bekanntestes Beispiel dafür ist die durch das FSME-Virus ausgelöste Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). Eine Hirnhautentzündung wird als chronisch bezeichnet, wenn sie länger als einen Monat andauert.

Die häufigste Ursache der Meningitis sind Viren, die zweithäufigste Bakterien. Die virale Meningitis verläuft meist milder als die bakterielle Meningitis und heilt im Unterschied zu dieser in der Regel von selber aus. Die bakterielle Meningitis dagegen endet unbehandelt häufig innerhalb weniger Tage tödlich. An ihr erkranken in den Industrienationen schätzungsweise fünf bis zehn von 100.000 Menschen pro Jahr. Je nach Erreger ist der Verdacht, die nachgewiesene Erkrankung und der Tod durch Meningitis hierzulande meldepflichtig.

In manchen Fällen können bei einer Meningitis keinerlei Hinweise auf einen Erreger gefunden werden. Man spricht dann von einer nicht infektiösen Meningitis (z. B. durch Autoimmunerkrankungen bedingt).

Welche Ursachen hat eine Meningitis?

Als Ursache der am häufigsten auftretenden viralen Meningitis kommen zahlreiche Viren infrage, insbesondere durch Schmier- und Tröpfcheninfektion übertragene Enteroviren (z.B. ECHO-Viren, Coxsackie-Viren) oder selten Herpesviren. Bevor dagegen geimpft wurde, war das Mumps-Virus ein häufiger Erreger viraler Hirnhautentzündungen. Auch bei einer Grippe (Influenza-Virus) kann man häufig eine leichte Begleitmeningitis feststellen.

Nach Viren sind Bakterien die zweithäufigsten Auslöser einer Hirnhautentzündung. Diese sogenannte bakterielle Meningitis kann eitrig oder nicht eitrig ablaufen. Eine eitrige Meningitis wird in vielen Fällen durch Pneumokokken oder Meningokokken verursacht. Bedingt durch die Alterung der Bevölkerung und der damit verbunden relativen Abwehrschwäche vieler Patienten können auch Listerien eine eitrige Meningitis verursachen. Dieses Bakterium, das auch in Käseprodukten vorkommen kann, infiziert gesunde Menschen nicht. Die Bedeutung von Haemophilus influenzae Typ B (Hib) als Erreger bakterieller eitriger Hirnhautentzündungen bei Neugeborenen und Säuglingen hat durch die Routineimpfung gegen Hib dramatisch abgenommen. Häufigster bakterieller Meningitiserreger in den ersten Lebensmonaten ist aber nach wie vor ein Bakterium. Es zählt bei Mensch und Tier zur normalen Darmflora: Streptococcus agalactiae.

Zu den nicht-eitrigen bakteriellen Hirnhautentzündungen gehören die tuberkulöse Meningitis und die Meningitis durch Borrelien.

Bei einer bakteriellen Meningitis handelt es sich oft nicht um eine Neu- beziehungsweise Erstinfektion. Stattdessen siedeln die ursächlichen Bakterien manchmal schon länger symptomlos im Nasen-Rachen-Raum oder sie stammen aus einem Infektionsherd an anderen Stellen des Körpers. Ein solcher Infektionsherd kann beispielsweise eine eitrige Mittelohrentzündung, eine Nasennebenhöhlenentzündung, eine eiternde Zahnwurzel oder eine Lungenentzündung sein. Über den Blutweg können die Keime von dort in die Gehirn- und Rückenmarksflüssigkeit (Nervenwasser, Liquor cerebrospinalis) gelangen und die begrenzenden Hirnhäute befallen. Eine  bereits bestehende Immunschwäche, beispielsweise auch infolge einer fehlenden Milz oder eines Diabetes mellitus, begünstigt eine solche Entwicklung.

Neben dem Blutweg ist auch eine direkte Wanderung der Erreger von anatomisch nahen Infektionsherden, etwa aus den Nasennebenhöhlen und dem Mittelohr, in den Liquorraum und die Hirnhäute möglich. Auslöser hierfür sind Verletzungen, die einen Zugang zum normalerweise geschlossenen Liquorsystem schaffen wie etwa ein Schädelbasisbruch oder auch ein hirnchirurgischer Eingriff.

Weitere mögliche Erreger einer Hirnhautentzündung sind insbesondere bei immungeschwächten Patienten Pilze und Parasiten.

Eine nicht infektiöse Meningitis kann unter anderem durch verschiedene Medikamente (im Sinne einer allergischen Reaktion), Giftstoffe, Autoimmunerkrankungen (z.B. Sarkoidose) oder Tumorerkrankungen (Aussaat von Tumorzellen in die Hirnhäute) bedingt sein.

Vorbeugung

Gegen einige bakterielle und virale Erreger von Hirnhautentzündungen gibt es heute Schutzimpfungen, so etwa gegen Hib, verschiedene Meningokokkenstämme, Pneumokokken oder das FSME-Virus.

In einigen Regionen der Welt ist das Risiko, eine bakterielle Meningitis zu erleiden, erheblich höher als bei uns. Dies gilt insbesondere für den Meningitisgürtel, der ursprünglich die Sahelzone in Afrika umfasste, sich mittlerweile aber weit nach Süden ausgedehnt hat und nun praktisch alle tropischen Länder in Afrika umfasst. In diesem Meningitisgürtel erkranken pro Jahr etwa 70 von 100.000 Menschen an einer bakteriellen Meningitis. Von Zeit zu Zeit kommt es außerdem zu ausgedehnten Meningitis-Epidemien, in denen die Zahl der Erkrankten auf etwa 1.000 pro 100.000 Menschen ansteigt. Wiederholte Meningitis-Ausbrüche werden auch in Jemen, Saudi-Arabien, in der Mongolei, in Nepal und Indien registriert. Bei Reisen in diese Länder ist eine Impfung gegen die dort vorherrschenden Meningokokken-Stämme dringend angezeigt.

Engen Kontaktpersonen von Patienten, die akut an einer Meningokokken-Meningitis erkrankt sind, wird die vorbeugende Einnahme eines Antibiotikums angeraten (Chemoprophylaxe).

Welche Symptome können auftreten?

Sowohl bakterielle wie auch die wesentlich häufigeren viralen Hirnhautentzündungen starten tückischerweise oft wie ein harmloser grippaler Infekt mit hohem Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Typisch für eine Hirnhautentzündung sind dann aber im weiteren Verlauf Symptome wie Lichtscheu, Lärmempfindlichkeit, Nackensteifigkeit sowie gesteigerte Berührungs- und Temperaturempfindlichkeit der Haut. Weitere Meningitis-Zeichen, die auf der Dehnung der Hirnhäute (Meningen) beruhen, was den Schmerz verstärkt, sind zudem:

  • Lasègue-Zeichen: Dehnungsschmerz, wenn das gestreckte Bein des auf dem Rücken liegenden Patienten in der Hüfte gebeugt wird.
  • Brudzinski-Zeichen: Reflektorisches (unwillkürliches) Anwinkeln der Beine im Kniegelenk, wenn beim ausgestreckt auf dem Rücken liegenden Patient der Kopf passiv nach vorne gebeugt wird.
  • Kernig-Zeichen: Der sitzende Patient kann den Unterschenkel nicht oder nur schwer und unter Schmerzen waagrecht strecken.

Eine zunehmende Schläfrigkeit und Verwirrtheit signalisieren bereits ein fortgeschrittenes Stadium der Erkrankung.

Die Symptome sind bei einer bakteriellen Meningitis meist deutlich stärker ausgeprägt als bei einer viralen und sie verschlimmern sich rascher. Eine bakterielle eitrige Meningitis vermag innerhalb von 24 Stunden aus augenscheinlicher Gesundheit in ein schwerstes, intensivmedizinpflichtiges Krankheitsbild überzugehen. Besonders bei kleinen Kindern oder alten Menschen kann aber trotz ernsthafter Erkrankung die typische Symptomatik fehlen oder erst verspätet einsetzen. Da der Erfolg der Therapie von einem möglichst frühzeitigen Beginn abhängt, ist schon beim geringsten Verdacht auf eine bakterielle Hirnhautentzündung immer sofort ein Arzt/eine Ärztin hinzuzuziehen und sofort mit einer antibiotischen Therapie zu beginnen.

Welche Untersuchungen gibt es?

Bei jedem Meningitisverdacht ist das primäre Ziel, schnellstmöglich eine bakterielle Meningitis nachzuweisen beziehungsweise auszuschließen. Neben der Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese) und der körperlichen Untersuchung steht im Zentrum der Diagnosefindung die Untersuchung des Nervenwassers und des Blutes. Sofern der Patient nicht verwirrt ist und auch keine Lähmungserscheinungen zeigt, wird unmittelbar nach der körperlichen Untersuchung mittels einer Hohlnadel Nervenwasser (Liquor) aus dem Wirbelkanal in Höhe des Beckenkamms entnommen (Lumbalpunktion). Dabei erhärtet oft schon die eitrig-trübe Färbung des Liquors den Verdacht auf eine eitrige Meningitis. Für eine endgültige Diagnose und insbesondere die Spezifizierung des verantwortlichen Erregers sind weiterführende Analysen des Liquors erforderlich (z.B. durch einen Antigen-Test). Manchmal lässt aber erst eine aufwändige molekularbiologische Polymerase-Kettenreaktion (PCR) oder die kulturelle Anzüchtung aus Liquor- und Blutproben den verantwortlichen Keim zuverlässig festlegen.

Wichtig ist, die erste Blutprobe und nach Möglichkeit auch die Liquorprobe schon vor dem Start einer Antibiotikatherapie zu ziehen. Denn anderenfalls könnten in den Proben befindliche Bakterien durch das Antibiotikum bereits abgetötet sein. Sie würden sich dann nicht mehr vermehren und so einen falschen Befund vorspiegeln. Auf keinen Fall darf dabei aber der Beginn der Antibiotikagabe verzögert werden.

Da eine eitrige Meningitis oft von einem bakteriellen Infektionsherd an anderer Stelle des Körpers ausgeht, wird im weiteren Verlauf immer auch nach einem solchen gefahndet (z.B. Nasennebenhöhlen, Mittelohr oder auch Herz).

Um den Zustand des Gehirns genauer erfassen zu können, können mithilfe der Kernspintomografie oder Computertomografie Aufnahmen des Schädelinneren angefertigt werden.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Gegen eine virale Meningitis gibt es meist keine spezifische Behandlung. Diese ist auch nicht erforderlich, da die Erkrankung von selbst ohne bleibende Schäden ausheilt. Bis dahin ist nur eine unterstützende symptomatische Behandlung mit Schmerzmitteln, antientzündlichen Medikamenten und ausreichender Flüssigkeitszufuhr erforderlich.

Gilt eine bakterielle Meningitis als gesichert beziehungsweise nicht ausreichend ausgeschlossen, wird schnellstmöglich die Behandlung mit Antibiotika und Kortison gestartet (meist als Infusion). Die Wahl des Antibiotikums hängt ab vom Erreger und dem Alter des Patienten. Bei (noch) unbekanntem Erreger wird ein Antibiotikum beziehungsweise eine Antibiotikakombination gewählt, welche das infrage kommende Erregerspektrum möglichst breit abdeckt.

Verursachen Pilze oder Parasiten die Meningitis, wird entsprechend behandelt. Oft ist hier jedoch bedeutsamer, eine eventuell bestehende Immunschwäche zu bessern.

Eine nicht-infektiöse Meningitis klingt ab, wenn die ursächliche Grunderkrankung erfolgreich behandelt wird.

Welche Folgeerkrankungen können auftreten?

Trotz effektiver Antibiotika und intensivmedizinischer Begleitmaßnahmen stellt eine eitrige bakterielle Meningitis nach wie vor eine große medizinische Herausforderung dar. Je nach Erreger versterben drei bis 30 von 100 Betroffenen. Zehn bis 40 von 100 Menschen müssen nach einer bakteriellen Meningitis mit bleibenden neurologischen Schäden rechnen. Dazu gehören zum Beispiel Hör- oder Konzentrationsstörungen, Intelligenzeinbußen, psychologische Auffälligkeiten, Krampfanfälle und Lähmungserscheinungen. Eine besonders gefürchtete, weil schwer beherrschbare und damit oft tödliche Akutkomplikation ist das Waterhouse-Friderichsen-Syndrom. Von diesem mit Einblutungen in die Nebennieren einhergehenden septi-schen Schockzustand sind überwiegend Patienten mit Meningokokken-Meningitis betroffen.

Gibt es bei einer Meningitis Unterschiede zwischen Jung und Alt?

Säuglinge, Kleinkinder und alte Menschen erkranken häufiger als andere Altersgruppen an einer eitrigen Meningitis. Dies deshalb, weil ihr Immunsystem noch nicht oder nicht mehr optimal funktioniert. Speziell für Meningokokken-Meningitiden findet sich ein weiterer Anstieg von Erkrankungen dort, wo Menschen eng zusammenleben, etwa in Schulwohnheimen oder Militärunterkünften.

Ein Unterschied zwischen den Altersgruppen betrifft auch das Erregerspektrum einer bakteriellen Meningitis: So sind zum Beispiel bei Kleinkindern und Erwachsenen über 40 Jahren meist Pneumokokken die Auslöser einer Hirnhautentzündung. Dagegen tritt eine Meningokokken-Meningitis bevorzugt bei Kindern und Jugendlichen auf. Eine Hirnhautentzündung durch Haemophilus influenzae wird meist bei Kindern in den ersten beiden Lebensjahren beobachtet.

Literatur

  • Mattle, H. & Mumenthaler, M.: Neurologie, Georg Thieme Verlag, 2012
  • Beers, M.H. et al. (Hrsg.): Das MSD Manual der Diagnostik und Therapie; 7. deutsche Auflage, 2007
  • Wehling, M.: Klinische Pharmakologie, Georg Thieme Verlag, 2011
  • RKI-Ratgeber für Ärzte (Abruf vom 20.05.2015): Meningokokken-Erkrankungen
  • Schaenzler, N. und Strasser-Vogel, B.: 300 Fragen zum Impfen, Gräfe und Unzer, 2008
  • Löscher, T.: Tropenmedizin in Klinik und Praxis, Thieme Verlag, 2010

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