Junger Mann bereitet scharfes Essen zu
Ernährung

Scharfes Essen: gesund oder ungesund?

Lesedauer unter 6 Minuten

Redaktion

  • Barmer Internetredaktion

Qualitätssicherung

  • Meike Günther (Diplom-Ökotrophologin)

Scharfes Essen gilt als gesund für Stoffwechsel und Verdauung. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Worauf es beim Würzen mit Chili, Pfeffer und Co. ankommt. 

Das Wichtigste zuerst: Wasser eignet sich nicht zum Löschen, wenn es im Mund brennt. Ist das Essen zu scharf, sollte man lieber ein Stückchen Schokolade lutschen, einen Schluck Milch trinken, etwas Joghurt löffeln oder mit Speiseöl gurgeln. Denn Capsaicinoide, also die Stoffe, die Chilis ihre Schärfe verleihen, sind fettlöslich. Wasser hingegen verteilt die Scharfstoffe nur im Mund und macht die Sache damit schlimmer. 

Wer das perfekte wissenschaftliche Rezept gegen Schärfe sucht: Die Universität Fulda hat 2014 herausgefunden, dass Mascarpone auf ungeröstetem Toastbrot am besten hilft. Das Fett in der Mascarpone mildert die Scharfstoffe, während das Brot sie mechanisch von den Rezeptoren auf der Zunge schabt. Im Zweifel hilft aber natürlich am besten, was man gerade an Lebensmitteln zuhause hat. Hauptsache, sie sind fettig oder süß.

Schärfe: kein Geschmack, sondern ein Gefühl

Die Grenze zwischen Genuss und Schmerz ist beim Verzehr von scharfem Essen fließend – und individuell sehr unterschiedlich. Manche Menschen vertragen nur wenig Schärfe, andere suchen auf der Speisekarte gezielt nach Gerichten, die mit kleinen Chili-Symbolen als scharf gekennzeichnet sind.

Wie entsteht Schärfe?

Schärfe ist keine Geschmacksrichtung wie süß, sauer oder bitter. Vielmehr handelt es sich dabei um eine körperliche Reaktion: Gelangen Scharfstoffe wie Capsaicinoide in den Mund, reizen sie Schmerzrezeptoren auf der Zunge. Diese dienen eigentlich dazu, hohe Temperaturen zu erkennen.

Bei Schärfe funken die Schmerzrezeptoren Alarm ans Gehirn, worauf der Körper mit eigenen Löschmaßnahmen wie Schwitzen und verstärkter Durchblutung reagiert. Wie stark diese Reaktion ausfällt, hängt von der Art und Menge der Stoffe ebenso wie von der Gewöhnung an scharfe Gewürze ab. Wo manche eine milde Hitze spüren, treibt anderen ein brennender Schmerz die Tränen in die Augen. 

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Scharfstoffe

Essen wir scharf gewürzte Speisen, reagieren die Schmerzrezeptoren der Zunge auf chemische Verbindungen, die in bestimmten Pflanzen vorkommen. Für Schärfe sorgen diese Inhaltsstoffe: 

  • Capsaicinoide in Chili
  • Piperin in Pfeffer
  • Allicin in Knoblauch
  • Senföl in Meerrettich
  • Gingerol in Ingwer

Schärfegrad: Scoville-Skala

Der Schärfegrad von Paprika- oder Chiliprodukten lässt sich mit der Scoville-Skala ausdrücken. Entscheidend ist dabei der Gehalt an Capsaicinoiden. Um den Wert zu bestimmen, werden die Scharfstoffe extrahiert und solange verdünnt, bis Geschmackstester die Schärfe nicht mehr wahrnehmen können. Je höher der Grad der Verdünnung, desto höher der Schärfegrad und damit die Konzentration an Capsaicinoiden. Sprich: Je höher der Wert, desto schärfer das Produkt.

Rote Chilischoten auf einem Holztisch

Scharfes Essen: Der Schärfegrad von Chilis, Saucen und Co. wird mit der Scoville-Skala ausgedrückt.

Scoville-Einheiten verschiedener Paprika- oder Chiliprodukte (SHU = Scoville Heat Units): 

  • Gemüsepaprika/Edelsüß-Pulver: 0-10
  • Paprikapulver (rosenscharf): 100-500 
  • Frische Jalapeno-Chilis: 2.500-8.000
  • Sambal Olek: 15.000
  • Chilipulver: 30.000-50.000 

Inwiefern ist scharf essen gesund?

Gut für Blutdruck, Fettstoffwechsel und Verdauung

Wie gesund scharfe Lebensmittel sind, ist umstritten. Manche Studien legen gesundheitliche Vorteile scharfer Speisen nahe, etwa positive Effekte auf das Herz-Kreislauf- und Verdauungssystem. Scharfes Essen kann zum Beispiel Blutdruck und Cholesterinspiegel günstig beeinflussen. Eine große Beobachtungsstudie aus China kommt sogar zu dem Ergebnis, dass Menschen, die häufig scharf essen, wohl eine höhere Lebenserwartung haben. Allerdings ist es schwierig, diesen Einflussfaktor von anderen abzugrenzen, daher sind solche Daten umstritten.

Gut belegt ist hingegen ist, dass Capsaicinoide den Blutfluss der Magenschleimhaut stimulieren. Das kann tatsächlich dabei helfen, fettige Speisen besser zu verdauen. Die Zähne wiederum profitieren von einem vermehren Speichelfluss, das Geschmacksempfinden von einer stärkeren Durchblutung der Schleimhäute.

Daneben scheint Schärfe die Stimmung positiv zu beeinflussen: Durch den Schmerzreiz werden Endorphine ausgeschüttet. Allerdings kann es zugleich zu Hitzeempfingen und Schweißbildung kommen. Das ist vielleicht nicht angenehm, kühlt den Körper aber ab. Vielleicht Ist das der Grund, warum scharfes Essen eher in warmen Regionen beliebt ist? Dort hat die antibakterielle Wirkung von Capsaicinoiden einen weiteren Vorteil: Sie macht Speisen länger haltbar.

Hilft scharfes Essen bei Erkältung?

Für viele Menschen ist scharfes Essen ein Geheimtipp bei Erkältungen: Die gesteigerte Durchblutung kann Schleim lösen und die Nase befreien, das gilt insbesondere für Lebensmittel mit Senfölen, etwa Wasabi oder Meerrettich. Der Effekt ist allerdings nur kurzfristig spürbar.

Eine junge Frau putzt sich mit einem Taschentuch die Nase.

Scharfes Essen kann bei Erkältungen die Nase frei machen – zumindest für einen kurzen Moment.

Hilft Schärfe beim Abnehmen?

Auch wenn Chili und Co. weder Bewegung noch eine ausgewogene Ernährung ersetzen können, haben sie sich als kleine Helfer beim Abnehmen entpuppt: Kleinere Studien zeigen, dass etwa der Verzehr von Cayennepfeffer den Appetit auf Fettes, Salziges und Süßes zügeln kann. Durch den Anstieg der Körpertemperatur werden zudem einige Kalorien zusätzlich verbrannt, außerdem stabilisiert insbesondere Chili den Blutzucker. 

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Nebenwirkungen nach scharfem Essen

Nichts für empfindliche Mägen

Schärfe kann der Gesundheit aber auch schaden. Insbesondere Menschen mit Magen- oder Darmproblemen sollten vorsichtig damit umgehen. Dem baden-württembergischen Landeszentrum für Ernährung zufolge kann Schärfe der Magenschleimhaut zusetzen, Magenschmerzen, Durchfall und Erbrechen verursachen. Auch Sodbrennen verschlechtert sich bei manchen Menschen dadurch eher.

Möglicherweise besteht auch ein Zusammenhang zwischen dem Verzehr von sehr scharfen Speisen und Krebs der oberen Verdauungsorgane, etwa der Speiseröhre. Einzelne Studien deuten darauf hin. Insgesamt ist dazu aber noch mehr Forschung notwendig, zumal es um den Verzehr von sehr scharfen Speisen über einen längeren Zeitraum geht. Normale Mengen sind gesundheitlich unbedenklich, trotzdem sollte man beim Umgang mit scharfen Gewürzen eine Grundregel beherzigen: Lieber in Maßen genießen und Extreme vermeiden.

Mögliche Folgen von extremer Schärfe

Nach einer TikTok-Challenge, bei der es um den Verzehr extrem scharfer Chips ging, sind schon Menschen im Krankenhaus gelandet. Auch beliebte Chili-Wettessen, bei denen möglichst scharfe Saucen verzehrt werden, sind gefährlich. Starke Schärfe kann zu Atemnot, Kreislaufproblemen und Blutdruckspitzen führen und sogar lebensbedrohlich werden. In den USA etwa erlitt vergangenes Jahr ein Mann nach dem Verzehr eines Geisterpfeffer-Burgers einen Speiseröhrenriss. Geisterpfeffer ist eine aus Indien stammende Chilisorte mit einer Schärfe von etwa 1.000.000 Scoville-Einheiten (SHU).

Tipps für die eigene Küche

Auch wenn scharfes Essen Nebenwirkungen haben kann, muss man Chiliflocken, Meerrettich und Pfeffer natürlich nicht gleich aus der Küche verbannen. Etwas Schärfe kann nicht nur Pepp ins Essen bringen, sondern auch förderlich für die Gesundheit sein. Wer auf den eigenen Körper hört, das eigene Schärfeempfinden langsam auslotet und bewusst mit verschiedenen Gewürzen experimentiert, kann davon profitieren.

Mit Maß würzen

Wer wenig Schärfe gewohnt ist, sollte sich langsam herantasten und scharfe Gewürze oder Saucen erst einmal zurückhaltend einsetzen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung empfiehlt, dass gesunde Erwachsene eine Dosis von fünf Milligramm Capsaicin je Kilogramm Körpergewicht pro Mahlzeit nicht überschreiten sollten. Es gilt der Grundsatz: Die Speisen sollten genießbar bleiben, Extreme lieber vermeiden. 

Scharfe Gewürze von Kindern fernhalten

Fernhalten sollte man scharfe Gewürze hingegen von Babys und Kleinkindern, deren Verdauungssystem mit Schärfe noch nicht umgehen kann. Das Bundesinstitut für Risikobewertung empfiehlt, Lebensmittel die mehr als 100 Milligramm Capsaicin pro Kilogramm Lebensmittel enthalten entsprechend zu kennzeichnen und für Kinder unerreichbar zu lagern oder sie mit einem kindersicheren Verschluss versehen. Sehr scharfe Speisen können bei Kindern sogar Vergiftungserscheinungen auslösen.

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Haut und Augen schützen

Wenn Capsaicinoide mit der Haut oder den Augen in Berührung kommen, können sie diese reizen. Wer Chilis verarbeitet, sollte deshalb unbedingt Handschuhe tragen und sich nicht ins Gesicht fassen.

Wer all das beherzigt, sollte ohne hektische Löschversuche auskommen. Und falls doch direkt der erste Bissen brennt: Milch, Joghurt, Schokolade, Speiseöl...

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